Das Archiv der Jugendkulturen in Berlin

Gabriele Rohmann
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Wissensspeicher, Vermittlung, Vernetzung und Empowerment

Seit der Antike finden wir viele Quellen, die überwiegend skeptische bis abwertende Haltungen gegenüber Jugend und jugendkulturellen Aus­drucksformen dokumentieren. Die häufigsten Vorbehalte seitens der Älte­ren richten sich gegen das Verhalten und das Aussehen der Jüngeren («faul», «respektlos», «keine Interessen», «unmögliche Kleidung», «gefährlich» etc.). Dabei lassen sich Jugendliche und Jugendkulturen bei näherer Betrachtung nicht auf stereotype Zuschreibungen reduzieren. Deutlich wird dies bei der Betrachtung und Analyse der zahlreichen (jugend)kulturellen Überlieferun­gen, insbesondere in Form von selbstgemachten Zeitschriften, Plakaten, Flyern, Flugblättern, Buttons, Aufnähern, audiovisuellen Medien, Social Media und natürlich im direkten Austausch mit Szenegänger*innen selbst. Je eingehender die Beschäftigung mit diesen Quellen, desto vielfältiger, ambivalenter und vieldeutiger erscheinen die vergangenen und aktuellen Jugendszenen. Und es wird deutlich, welchen grossen Stellenwert Jugend­kulturen auch für viele soziale Bewegungen hatten und haben. Ihre Musik, Mode und Codes waren und sind oft mehr als Soundtrack und Lifestyle: ohne Punk keine Antifa, ohne Skins kein Diskurs über Rassismus und Anti­rassismus, ohne Riot Grrrls und Ladyfeste kein Queerfeminismus, ohne HipHop kein stärkeres Empowerment für Black People of Colour. Die Reihe liesse sich noch lange fortsetzen – leider auch in die reaktionäre Richtung.