Debatten

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Heftbeiträge führen oftmals zu Debatten unter unseren Autor*innen, Abonnent*innen und Lesenden, die im halbjährlichen Rhythmus des Erscheinens unserer gedruckten Ausgabe nicht abgebildet werden können. Unter der Rubrik Debatten veröffentlichen wir deshalb neu redigierte Diskussionsbeiträge zu Artikeln unserer Publikationen, selbstverständlich in gewohnter Qualität. Senden Sie Ihre Anregungen und Beiträge per Mail an [email protected].

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Pandemie

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Sind linke Positionen in der Pandemie staatstreu, wissenschaftsgläubig und kritikunfähig geworden? Ist es legitim, zusammen mit von Rechts organisierten Protesten auf die Strasse zu gehen? Wie gehen wir mit anti-wissenschaftlichen und esoterischen Ideologien um und verhindern, dass diese weiter um sich greifen? Was umfasst das staatliche und mediale Krisenmanagment und wie stellen sich Linke dazu (Lockdowns, Impfkampagnen, Individualisierung von Verantwortung)? Welche Analysen des zwischen Gesundheits- und Wirtschaftsschutz verorteten staatlichen Handelns bringen linke Politik voran? Wie gelingt es, Gesundheits- und Carekrise sowie globale Impf-Ungerechtigkeit und Pharmaprofite weiter zu politisieren? Gibt es Vorstellungen oder Hinweise, wie die Bekämpfung der Pandemie in einer von der kapitalistischen Rationalität befreiten Gesellschaft aussehen könnte?

Im Folgenden nehmen sowohl Beiräte des Widerspruch als auch Autor*innen aus einem weiter führenden Umfeld Stellung zu diesen Fragen.

 

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Klassismus

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Schon seit längerem ist die Klasse als soziale Kategorie in Alltag und Wissenschaft zurück. Das Deutsche Institut für Demoskopie Allensbach fragte 2019 in einer Umfrage «Was sind in Deutschland die eigentlichen Gegensätze: Was trennt die Menschen in unserer Gesellschaft vor allem?» 75 Prozent der Westdeutschen und 76 Prozent der Ostdeutschen antworteten «die soziale Schicht, aus der man kommt». Auch in der Schweiz werden Fragen sozialer Herkunft vermehrt diskutiert.
Nun ist die soziale Schicht nicht dasselbe wie die Klasse, die Antworten der Allensbach-Umfrage zeugen aber von einer alltäglichen Wahrnehmung der wachsenden sozialen Ungleichheiten. Dies verdeutlicht auch eine Anekdote aus dem Umfeld des Deutschen Verfassungsschutzes, der sich – kommen Klassen ins Spiel – um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen scheint.
Diesen gefährde, wer gesellschaftliche Spaltungstendenzen benennt, wie etwa die Tageszeitung junge Welt. Die von der Zeitung vertretene «Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit» sei demokratiewidrig und widerspreche «der Garantie der Menschenwürde». Dass die Würde von Menschen in unteren Klassen nur zu oft mit Füssen getreten wird, auch in jungen und jüngsten Jahren, zeigt eine Reihe von Publikationen, in denen Autor*innen von ihrem Aufwachsen und ihren Erfahrungen am unteren Ende der Sozialstruktur erzählen. Der übergeordnete Begriff für die gemachten Diskriminierungs- und Abwertungserfahrungen lautet «Klassismus».
Als Auftakt zum Thema der sozialen Klassen, das den Widerspruch auch in Zukunft begleiten wird, stellt Andreas Kemper den Klassismus-Ansatz vor. Fabian Nehring kritisiert in seinem Beitrag den Ansatz aus marxistischer Sicht. Beide Artikel wurden im Heft 77 publiziert, die Autoren führen die Debatte hier fort.