Der deutsche Klimaimperialismus

Peter Schadt, Nathan Weis
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Am 21. September 2022 formulierte Olaf Scholz gegenüber Russland den Vorwurf des «blanken Imperialismus». Spätestens mit dieser Rede des deutschen Bundeskanzlers vor den Vereinten Nationen war der Begriff des Imperialismus jenseits marxistischer Zirkel wieder virulent. In der Rede des Bundeskanzlers dient der Vorwurf gegenüber Putin als Antithese zur globalen Friedensordnung, die vom Westen verteidigt wird. In diesem Sinne erscheint es doppelt verfehlt, einen deutschen Klimaimperialismus zu konstatieren: Erstens wird in der Energiepolitik kein Land militärisch überfallen. Zweitens wird gerade Deutschlands Hinwendung zu den regenerativen Energien als Abwendung vom russischen Gas und damit vom russischen Imperialismus betrachtet. Zehn Thesen, warum der Begriff die Sache dennoch trifft.

1. Deutschland strebt den Status als bestimmendes energiepolitisches Subjekt Europas an.

Schon unter Merkel wurde beschlossen, dass Deutschland die klimaschädlichen CO2-Emissionen immer weiter reduzieren will. Dabei soll dieser Anspruch nach innen für den Standort gelten, was aber auch den Anspruch hat, weltweit als Vorbild zu dienen. Das Klimaschutzprogramm 20302 setzt dieses Ziel identisch mit einem neuen Programm zur nationalen Energie- und Rohstoffversorgung. Will heissen: Sowohl die Industrie-, Mobilitäts- wie auch die Wärmewende sollen nun in Angriff genommen werden. Insofern wird von einer Energiesystemwende gesprochen, die alle diese Aspekte umfasst. Das Ziel ist die Dekarbonisierung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bis 2045.