Dieses merkwürdige Ding namens Geld

Stefan Howald
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Die Signale sind widersprüchlich. Einerseits ist in verschiedenen Kantonen kürzlich überraschend die Offenlegung der Parteienfinanzierung angenommen worden. Einige KommentatorInnen meinen, damit zeichne sich in der Schweiz ein neuer, nüchterner Umgang mit Geld ab – dieses werde aus der Sphäre der geheimen Privatsache in die Öffentlichkeit gezerrt. Andererseits hat der Finanzjongleur Hans Ziegler für seine kriminellen Millionengeschäfte bloss eine bedingte Gefängnisstrafe erhalten, gelten Finanzbetrügereien immer noch als «Kavaliersdelikte», die öffentlich nicht so genau betrachtet und geahndet werden müssen.

Dabei gab es den Topos der geldgierigen Schweizer (und damit waren ausschliesslich Männer gemeint) schon, als die Schweiz als Nation noch gar nicht existierte. Entstanden ist er im Zusammenhang mit dem Reisläufertum, den Schweizer Söldnern. Der englische Humanist Thomas Morus, der 1516 mit seinem Buch Utopia die moderne Form des positiven Gesellschaftsentwurfs
begründete, beschreibt darin die Zapoleten, ein «abscheuliches und ruchloses Volk», das sich von den ZeitgenossInnen unschwer als Eidgenossen entziffern liess: «Nur zum Kriege geboren, suchen sie eifrig nach Gelegenheit dazu; bietet sich eine, so stürzen sie sich mit Gier darauf, rücken in hellen Scharen aus dem Lande und bieten sich um geringen Sold jedem Beliebigen
an, der Soldaten sucht. [...] Wem sie um Sold dienen, für den fechten sie mit Eifer und unerschütterlicher Treue. Jedoch verpflichten sie sich nicht bis zu einem bestimmten Termin, sondern ergreifen nur unter der Bedingung Partei, dass sie bereits am nächsten Tage zu den Feinden übergehen können, wenn ihnen diese höheren Sold bieten.» (Morus 1983, 120)