Politiken der Arbeit. Perspektiven der Frauenbewegung um 1900.
UND: Céline Angehrn: Arbeit am Beruf. Feminismus und Berufsberatung im 20. Jahrhundert.
Schwabe Verlag, Basel 2019 (338 S.)
Arbeit ist nicht gleich Arbeit und nicht einmal alle Arbeit gilt als Arbeit. Dass es sich bei dieser strukturellen Unhaltbarkeit weder um einen historischen Überhang noch um einen abgeschlossenen Prozess handelt, beleuchten die Dissertationen von Céline Angehrn und Simona Iser. Entstanden sind die beiden historischen Analysen im Rahmen des von 2012 bis 2015 an der Universität Basel angesiedelten SNF-Projekts (Schweizerischer Nationalfonds) «Differenzierungsarbeit. Aushandlungen von Arbeitskonzepten in Berufsberatung und Frauenbewegung (Schweiz, 20. Jahrhundert)».Die Arbeiten zeichnen die Entwicklung der Konzeption von Arbeit im 20. Jahrhundert zwar mit unterschiedlichem thematischem Fokus nach, teilen aber theoretische Ansätze und methodische Vorgehensweisen. Beide arbeiten mit einem Feminismusbegriff, der grundsätzlich alles Handeln und Denken einschliesst, welches die Situation von Frauen verbessern will; und beide arbeiten mit der Methode der kontrastierenden Symmetrie. Das heisst, die jeweiligen Politiken werden in ihren jeweiligen historischen Kontexten zugänglich gemacht und ausschliesslich mit zeitgenössischen Gegenpositionen konfrontiert, ohne sie mit heutigen Deutungsschemata zu interpretieren: «Zeitnähere Feminismen werden nicht als per se ‹weiter entwickelt› oder fortschrittlicher verstanden.» (Angehrn, S. 23) Dadurch gelingt es den beiden Autorinnen, die heutigen «Arenen von Gleichstellungsbemühungen» (Isler, S. 17) als Resultat einer linearen Erfolgsgeschichte feministischer Kämpfe infrage zu stellen. (...)