Schuldenkrise im Globalen Süden

Malina Stutz
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Die Verschuldungssituation im Globalen Süden hat sich schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie zugespitzt: Nach Einschätzung von erlassjahr.de befanden sich 124 Länder des Globalen Südens bereits 2019 in einer kritischen Verschuldungssituation. In drei Viertel der Länder hatte sich die Situation zwischen 2014 und 2018 verschlechtert. Auch die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) warnten bereits am Vorabend der Pandemie vor einer globalen Schuldenkrise (Kose u. a. 2020; IWF 2020a). Grund dafür war unter anderem die seit mehr als zehn Jahren andauernde Kombination aus Niedrigzinspolitik und relativ schwacher wirtschaftlicher Konjunktur im Globalen Norden, die den Kapitalexport in den Globalen Süden befeuerte, wo höhere Renditen erzielt werden konnten. Das erklärt insbesondere den starken Anstieg der privaten Kreditvergabe in Form von Anleihen und Bankkrediten. Darüber hinaus ist die Kreditvergabe Chinas seit 2009 sprunghaft angestiegen (Kaiser/Stutz 2019). Die öffentliche Kreditvergabe der westlichen Industriestaaten hat indes an Bedeutung verloren.

2020 traf auf diese Situation die Corona-Pandemie. In fast allen Ländern der Welt brach das Wirtschaftswachstum dramatisch ein, die Einnahmebasis schrumpfte, gleichzeitig gab es einen sprunghaft ansteigenden Bedarf an öffentlichen Ausgaben. Allein im März 2020 wurden schätzungsweise 83 Milliarden US-Dollar ausländischen Kapitals aus dem Globalen Süden abgezogen (IWF 2020b). Der Zinsaufschlag, den Länder des Globalen Südens auf Staatsanleihen zu entrichten hatten, stieg sprunghaft – im Durchschnitt um drei Prozentpunkte – an (OECD 2021). Für 2020 schätzt erlassjahr.de, dass 134 Länder kritisch verschuldet sind (Kaiser/Rehbein 2021, 8f.), in fast achtzig Prozent der Staaten hat sich die Verschuldungssituation verschärft. Wer bereits vor Ausbruch der Pandemie kritisch verschuldet war, ist am stärksten betroffen (Munevar 2021a, 1).