There are a thousand alternatives

Elsa Egerer
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Es gibt ein Alter, in dem Kinder viele Fragen stellen – sehr viele. In einigen Vorlesungen hätte ich mir als Ökonomiestudentin ein Kind gewünscht, das «naiv» genug ist, die Nacktheit der «Königin der Sozialwissenschaften» anzusprechen, oder vielleicht treffender – ihren uniformen Kleidungsstil. Wieso hätte ich mir ein «warum» fragendes Kind gewünscht? Existenzielle Fragen über die Wirtschaftswissenschaften zu stellen, ist selten ein dankbares Unterfangen. Dies illustriert auch Maja Göpel mit der Bemerkung eines Professors. «Seht her, da spricht ja ein warmes Herz», antwortete dieser auf die kritische Frage der damaligen Studentin zur Annahme der Arbeitendenmobilität in einem ökonomischen Modell – ohne inhaltlich auf sie einzugehen (Göpel 2020, 58–59). Wir können uns aber behelfen, denn das fragende Denken kann gestärkt werden, wenn wir einen philosophischen Blick auf die Wirtschaftswissenschaften wagen. Philosophieren bedeutet, Fragen zu stellen. Ganz nebenbei hilft der philosophische Blick uns als Ökonom*innen vielleicht, unser «warmes Herz» zu bewahren.

Meine These ist, dass wir in der philosophischen Auseinandersetzung mit den Wirtschaftswissenschaften Wissenschaftskulturen entdecken. Wenn wir die Vielfalt dieser auffächern und im besten Fall Kommunikation zwischen verschiedenen Perspektiven ermöglichen, stärken wir nicht nur die ökonomische Disziplin. Denn was sind die realen Folgen einer monistischen Wirtschaftswissenschaft? Erinnern wir uns an das Mantra: «Griechenland muss seine Hausaufgaben machen.» Aktuell taucht diese Metapher in der neu entflammten Debatte zur Schuldenbremse erneut auf (z. B. Holznagel 2021). Das Bild der «Hausaufgaben» assoziiert eine Lehrer-Kind-Beziehung, also ein hierarchisches Verhältnis. Während die kindliche, folgende Rolle dem Staat und der Bevölkerung zugesprochen wird, bleibt die Zuschreibung der Rolle der Autorität offen. Hier wirkt die Deutungsmacht von Glaubenssätzen einer wirtschaftswissenschaftlichen Kultur. Gemäss dieser zwingen ökonomische Gesetzmässigkeiten Politiker*innen zum Handeln (beziehungsweise Nichthandeln). Während «die Wirtschaft» als der wichtigste (externe) Massgeber in «die Politik» hineingedacht wird, wird das Politische aus der Mainstreamwirtschaftswissenschaft hinausgedacht (z. B. Earle u. a. 2016).