"Wichtig ist eine Kultur der Auseinandersetzung"
Zum Umgang mit Konflikten und Widersprüchen, nicht nur über solche zwischen Linken.
Das Interview führte Julia Klebs
Julia Klebs: Was verstehst du unter einem Konflikt?
Ueli Mäder: Ein Konflikt ist für mich das, was hinter einem Streit steckt. Beim vordergründigen Streit nervt die offene Zahnpastatube im Badezimmer. Aber was ist dahinter? Das kann ein Widerstreit zwischen unterschiedlichen Interessen oder Haltungen sein.
Hat ein Konflikt also auch mit einem Widerspruch zu tun? So heisst ja unsere Zeitschrift.
Ja, es geht darum, Widersprüche zuzulassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Dann hast du ein eher positives Verständnis von Konflikten, die gesellschaftlich ja oft problematisiert werden?
Ja, Konflikte sind oft ärgerlich. Sie stören. Und wir wollen sie möglichst rasch beseitigen. Aber Konflikte sind auch eine Chance. Nämlich dann, wenn wir uns dazu bewegen lassen, etwas wirklich zu überdenken. Wenn Werktätige gegen missliche Arbeitsbedingungen protestieren und sich mit etwas mehr Lohn zufriedengeben, dann bleibt ein Grundkonflikt bestehen. Wenn sie aber die Mitbestimmung erhöhen, verändert sich
systemisch mehr.